Bei schönem Sommerwetter die Natur als Sprachraum entdecken
Die sechswöchigen Sommerferien sind im Freistaat Sachsen nun zu Ende. Mit dem neuen Schuljahr beginnt für zahlreiche Kinder ein neues Kapitel in ihrem Leben und ein bewährter Kreislauf nimmt seinen Lauf. Manche Kleinkinder beginnen mit der Eingewöhnung, zahlreiche Krippenkinder wechseln in den Kindergarten, ältere Kindergartenkinder werden zu stolzen Vorschülerinnen und ‑schülern, Erstklässlerinnen und Erstklässler starten voller Vorfreude ins Schulleben und Grundschülerinnen und -schüler wachsen von Klassenstufe zu Klassenstufe zu wissbegierigen Entdeckern heran. Auch wenn die momentanen Temperaturen eher zum Baden als zum Lernen einladen und so manches Schulkind lieber die Zeit im Freien verbringen würde, bieten die noch langen August- und Septembertage viel Raum für Outdoor-Aktivitäten. Diese schaffen wiederum unzählige Möglichkeiten, Natur als Sprachraum zu entdecken.
Natur vor der Haustür – ein Ort tausender Sprachanlässe
Naturphänomene, Pflanzenvielfalt und die faszinierende Tierwelt üben auf Kinder eine magische Anziehungskraft aus. Deshalb gehören thematische Sachbilder- und Wimmelbücher, Natur- und Tierlexika, Hörbücher und naturbezogene Anschauungsmaterialien zur Standardausstattung jeder Kindertageseinrichtung. Empfehlenswert ist z. B. das vom Leipziger Lesekompass 2019 ausgezeichnete Leporello-Sachbilderbuch „Unter meinen Füßen“ von Charlotte Guillain. Die aufklappbaren Buchseiten animieren dazu, sich auf eine Reise ins Erdreich zu begeben und dabei Schritt für Schritt Neues zu entdecken.
Allerdings ist es in geschlossenen Räumen kaum möglich, die Natur in all ihren Facetten abzubilden und in all ihrer Vielfalt wahrzunehmen. Daher gilt die Devise: Nutzen Sie die umfassenden Möglichkeiten, die Ihnen die Natur vor Ihrer Haustür bietet:
- Naturbeobachtung als Sprachanlass entdecken
Beziehen Sie die Außenbereiche Ihrer Kindertageseinrichtung bzw. Kindertagespflegestelle in die pädagogische Arbeit ein. Die im Frühjahr selbst hergestellten und an unterschiedlichen Stellen ausgeworfenen Samenbomben (Seedbombs, eine DIY-Anleitung finden Sie hier) sorgen im Sommer für eine Blütenpracht und sind ein Treffpunkt für heimische Insekten wie Falter, Bienen, Käfer, Fliegen, Schmetterlinge & Co. Für Sie als pädagogische Fachkraft oder Kindertagespflegeperson ist es eine perfekte Gelegenheit, sich zusammen mit den Kindern auf eine Entdeckertour zu begeben und das Beobachtete zu versprachlichen. Um der Neugier und dem Wissensdurst der Kinder gerecht zu werden, ist es ratsam, sich über die häufigsten heimischen Insektenarten und deren wichtigste Merkmale im Vorfeld zu informieren, bspw. auf der Website des Naturschutzbundes Deutschland e. V. (NABU).
- Beim Bestimmen von Tieren und Pflanzen Sprache stärken
Beim gemeinsamen Bestimmen von Arten und Versprachlichen der Naturerlebnisse erfahren die kleinen Naturfreunde nicht nur Wissenswertes über Flora, Fauna und den Artenschutz, sondern erweitern ganz nebenbei ihren Wortschatz, stärken ihre Aussprache und lernen intuitiv den korrekten Satzbau. Die Naturerlebnisse helfen ihnen, sinnliche Erfahrungen zu sammeln – eine wichtige Voraussetzung, um die neu gelernten Begriffe mit allen Sinnen begreifen und festigen zu können. Bei älteren Kindern im Hort können auch kostenlose Bestimmungsapps eingesetzt werden, vorausgesetzt dass der Einsatz digitaler Medien in Ihrer Kindertageseinrichtung erlaubt ist. Auch jüngere Kinder können an solche Apps herangeführt werden, sofern der Prozess durch die pädagogische Fachkraft begleitet wird.
- Tier- und Pflanzennamen als Einladung zum gemeinsamen Philosophieren
Manche Tier- oder Pflanzennamen sind so einfallsreich, witzig oder märchenhaft, dass es sich lohnt, ihnen sprachlich auf den Grund zu gehen und dabei die Methode des gemeinsamen Philosophierens auszuprobieren. Fragen wie
- „Welche Türen oder Geheimnisse kann der Himmelschlüssel öffnen?“
- „Wie stellst du dir Elfen vor, die in den Elfenblumen wohnen?“
- „Was glaubst du, welche Fabelwesen würden sich im Sternenmoos am wohlsten fühlen?“
geben den Kindern und den pädagogischen Fachkräften die Gelegenheit, ins Gespräch zu kommen und gemeinsam über verschiedene Naturphänomene bzw. Tier- oder Pflanzenarten „im sprachlichen Kontext“ nachzudenken. Weitere Informationen zu dieser bewährten Methode der alltagsintegrierten sprachlichen Bildung erfahren Sie auf der Website unseres Projektpartners, des Landeskompetenzzentrums zur sprachlichen Bildung und Förderung an Kindertageseinrichtungen in Sachsen (LakoS).
Unser Alltagstipp – In der Praxis ausprobiert: Freude und Spaß garantiert!
Wie wäre es mit einer kleinen Entdeckungstour durch das Außengelände Ihrer Kindertageseinrichtung/Kindertagespflegestelle, einen benachbarten Park, eine Obstwiese oder eine nahgelegene Grün- bzw. Feldfläche? Im Vorfeld empfehlen wir, gern zusammen mit den Kindern, beschriftete Bilder zu den gesuchten Kategorien (Insekten, Baumarten, Pflanzenarten) auszugestalten. Um die Langlebigkeit der Materialien zu gewährleisten, raten wir dazu, diese vor ihrem Einsatz zu laminieren. Natürlich können Sie auch auf das käuflich erwerbliche Material zurückgreifen, um den Vorbereitungsaufwand zu minimieren.
Wählen Sie möglichst diejenigen Tier- und Pflanzenarten aus, die Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Natur antreffen werden und die für Kinder interessant sind (unterschiedliche Oberflächen; Pflanzen, die Geräusche erzeugen wie bspw. Früchte der Pimpernuss). Dieses Vorgehen steigert die Erfolgschance Ihres Projekts und gleichzeitig auch die Motivation der daran beteiligten Kinder. Beziehen Sie die Kinder in den Vorbereitungsprozess mit ein, stellen Sie zukunftsbezogene Fragen im Futur und Präsens wie „Welche Insekten werden wir beobachten?“, „Welche Bäume möchten wir bestimmen?“, um das Thema vorzubereiten und die Kinder mit dem benötigten sprachlichen Werkzeug auszustatten. Teilen Sie die am Projekt beteiligten Kinder in kleine Gruppen auf und weisen Sie jeder Gruppe eine bestimmte Kategorie zu. Mit einem konkreten Suchauftrag in der Tasche kann die Entdeckungsreise nun losgehen. Bei der anschließenden gemeinsamen Auswertung der Ergebnisse (Gespräche, Mandalas, Collage u. v. m.) entstehen zahlreiche weitere Sprachanlässe, bei denen die Vergangenheitsformen wie Präteritum und Perfekt verstärkt zur Geltung kommen: „Welche Bäume/Pflanzen haben wir gefunden?“, „Wie sah die Feuerwanze aus?“.
Auf diese Weise ist die alltagsintegrierte sprachliche Bildung in Ihrer Einrichtung ganz groß dabei – und dies ganz nebenbei.
Hilfreiche Ideen zur naturnahen Ausgestaltung der Außengelände in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflegestellen finden Sie in der Broschüre „Bildungsraum Garten – Naturnahe Außenräume in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege“ der Sächsischen Landesvereinigung für Gesundheitsförderung e. V. Diese Publikation kann kostenlos über den Sächsischen Kita-Bildungsserver unter dem folgenden Link heruntergeladen werden:
Nimmt Ihre Kindertageseinrichtung bzw. Kindertagespflegestelle am bewährten Sächsischen Kinder-Garten-Wettbewerb teil? Wenn ja, können Sie auf die anregend und naturnah gestaltete Umgebung im Kontext der alltagsintegrierten sprachlichen Bildung zurückgreifen. Nutzen Sie dieses wertvolle Potential!
Sprachmentorinnen und Sprachmentoren – Ihre Ansprechpersonen vor Ort
Benötigen Sie mehr Anregungen zum Thema alltagsintegrierte sprachliche Bildung? Nehmen Sie Kontakt zu den regionalen Sprachmentorinnen und Sprachmentoren des Landesprogramms alltagsintegrierte sprachliche Bildung in der Kindertagesbetreuung Sachsen auf und lassen Sie sich inspirieren. Die Kontaktdaten der im Freistaat Sachsen tätigen Sprachmentorinnen und Sprachmentoren finden Sie hier.
Die Koordinierungsstelle des Landesprogramms wünscht ihren Programmpartnerinnen und -partnern, allen Sprachmentorinnen und Sprachmentoren, pädagogischen Fachkräften aus Kinderkrippen, Kindergärten und Horten sowie allen Kindertagespflegepersonen, viel Spaß beim Entdecken der Natur als Sprachraum und einen guten Start in das neue Schuljahr 2024/2025.
Kontaktdaten und weitere Infos zum „Landesprogramm alltagsintegrierte sprachliche Bildung in der Kindertagesbetreuung Sachsen“ hier